Klimalügen & Faktencheck

By Fresopolis

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CO² Bepreisung in Europa

– Wenn gute Ideen zu schlechten Geschäften werden

Die bittere Wahrheit über Europas Klimapolitik

Die CO₂-Bepreisung sollte das Herzstück einer fairen Klimapolitik werden: Wer das Klima schädigt, zahlt – wer es schützt, profitiert. Doch zwischen diesem ehrenhaften Grundsatz und der europäischen Realität klafft eine Lücke, die nicht nur das Vertrauen der Bürger erschüttert, sondern auch die Klimaziele gefährdet. In Deutschland kassiert der Staat 2024 18,5 Milliarden Euro aus CO₂-Abgaben, während Bürger, die ihren Fußabdruck reduzieren, null Euro dafür erhalten. In Spanien experimentiert man mit regional unterschiedlichen Ansätzen, die mehr Verwirrung als Klarheit schaffen. Und auf EU-Ebene stehen mit dem ETS 2 und dem Sozialen Klimafonds ab 2026 weitere 300 Milliarden Euro bereit – doch Deutschland hat bereits die Frist für den Klimasozialplan verpasst.

Deutschland: Moderner Ablasshandel statt Klimaschutz

Die Rekordeinnahmen, die nirgendwo ankommen
Deutschland führt Europa in der CO₂-Bepreisung an – allerdings auf die falsche Weise. Die Einnahmen aus dem europäischen und nationalen Emissionshandel erreichten 2024 mit 18,5 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau. Während der EU-ETS 1 mit 5,5 Milliarden Euro (-28% gegenüber 2023) rückläufige Erlöse verzeichnete, stieg der nationale Emissionshandel (nEHS) um 21% auf 13 Milliarden Euro.
Der CO₂-Preis von 55 Euro pro Tonne für 2025 bedeutet konkret:
• Benzin: 15,7 Cent mehr pro Liter
• Diesel: 17,3 Cent mehr pro Liter
• Erdgas: 1,32 Cent mehr pro kWh
• Heizöl: 14,72 Cent mehr pro Liter

Das gebrochene Versprechen des Klimageldes
Trotz millionenschwerer Werbekampagnen und jahrelanger Ankündigungen ist das deutsche Klimageld nie angekommen. Die Verbraucherzentrale errechnete, dass bereits 139 Euro pro Person für 2021-2023 hätten ausgezahlt werden können. Für 2025 wären es rund 300 Euro gewesen.
Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat das Klimageld im Koalitionsvertrag faktisch begraben. Statt einer Pro-Kopf-Rückerstattung sollen die CO₂-Einnahmen “durch eine spürbare Entlastung beim Strompreis” an die Bürger zurückfließen – eine Mogelpackung, die die regressive Wirkung der CO₂-Steuer nicht ausgleicht.

Klimaschädliche Subventionen in Milliardenhöhe

Während Bürger für ihren CO₂-Ausstoß zahlen, plant die Bundesregierung zusätzliche klimaschädliche Subventionen von 9 bis 15 Milliarden Euro jährlich. Das entspricht etwa den geplanten Investitionen aus dem Sondervermögen für Klimaschutz. Die größten Posten:
• Energiesektor: 5,9 bis 9,8 Milliarden Euro
• Verkehrsbereich: 1,9 Milliarden Euro
• Pendlerpauschale: 1,36 Milliarden Euro
• Spitzenausgleich Energiesteuer: 1,5 bis 2 Milliarden Euro

Gleichzeitig bestehen die traditionellen klimaschädlichen Subventionen fort:
• Dieselprivileg: entspricht -70 Euro pro Tonne CO₂
• Dienstwagenprivileg: entspricht -690 Euro pro Tonne CO₂

Spanien: Regionaler Flickenteppich ohne nationale Strategie

Fehlendes nationales CO₂-Preissystem
Spanien hat im Gegensatz zu Deutschland kein umfassendes nationales CO₂-Preissystem.

Stattdessen existiert ein Flickenteppich regionaler Ansätze:

• Katalonien: CO₂-Steuer auf Fahrzeuge seit 2021, 6-60 Euro pro Jahr je nach Emissionen
• Impuesto de Matriculación: Zulassungssteuer von 0-14,75% basierend auf WLTP-Emissionen
• Keine landesweite CO₂-Steuer auf Kraftstoffe oder Heizenergie

ETS-Einnahmen verschwinden in Investitionstöpfen
Spanien erhält jährlich 3,0-3,5 Milliarden Euro aus dem EU-ETS 1[citation needed], doch diese Gelder fließen primär in das nationale Wiederaufbauprogramm (PRTR) und Industriesubventionen – ohne pauschale Rückgabe an die Bürger.

Verkehrspolitische Ausgleichsmaßnahmen
Anstatt struktureller Reformen setzt Spanien auf kosmetische Maßnahmen:
• 100%-Rabatt für Nahverkehr bis 2025
• Geplanter “Abono Único” (49 Euro/Monat) ab 2026 – nach deutschem Vorbild

Österreich: Europäischer Vorreiter mit Schwächen

Funktionierender Klimabonus
Österreich zeigt, wie CO₂-Bepreisung mit sozialer Kompensation funktionieren kann:
• CO₂-Preis: 45 Euro/t 2024, 55 Euro/t 2025
• Klimabonus: 145-290 Euro pro Person jährlich
• Regionale Staffelung: Höhere Auszahlungen in schlecht angebundenen Gebieten und automatische Auszahlung: Banküberweisung ohne Antrag

Das Ende des Erfolgsmodells
Trotz des Erfolgs wird der Klimabonus 2025 aus Budgetgründen abgeschafft. Die Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro sind der größte Posten im österreichischen Sparpaket. Damit verliert Europa sein erfolgreichstes Beispiel für eine funktionierende CO₂-Dividende.

Schweiz: Der Goldstandard der CO₂-Rückerstattung

Bewährtes System mit hoher Akzeptanz
Die Schweiz praktiziert seit 2008 die international erfolgreichste CO₂-Rückerstattung:
• CO₂-Abgabe: 120 CHF/t (~113 Euro)
• Rückerstattung: 74% der Einnahmen pro Kopf
• Auszahlung: Über Krankenversicherung, 2025 61,80 CHF pro Person
• Lenkungswirkung: Gebäudeemissionen -34% seit 2008

Systemreform geplant
Die Schweiz plant eine Reform des Rückerstattungssystems, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Nur 12% der Bevölkerung kennen den aktuellen Mechanismus über die Krankenversicherung.
EU-Ebene: ETS 2, CBAM und der Soziale Klimafonds

ETS 2: 300 Milliarden Euro für Europa
Ab 2027 startet das EU-ETS 2 für Gebäude und Verkehr mit enormem Finanzvolumen:
• Prognose: 300 Milliarden Euro Einnahmen 2026-2032
• Deutschland: circa 60 Milliarden Euro Anteil
• Preisniveau: Startdeckel 45 Euro/t, danach Marktpreise

Sozialer Klimafonds: 86,7 Milliarden Euro
Der Soziale Klimafonds soll vulnerable Haushalte entlasten:
• Volumen: 86,7 Milliarden Euro 2026-2032
• Finanzierung: 25% ETS 2-Einnahmen + 25% nationale Kofinanzierung
• Zugang: Nur mit nationalem Klimasozialplan

Deutschland verpasst die Frist

Deutschland hat die Frist für den Klimasozialplan bis 30. Juni 2025 verpasst. Ohne Plan kein Zugang zu den EU-Mitteln – ein klimapolitisches Versagen ersten Ranges.
CBAM: Grenzausgleichsmechanismus ab 2026
Der Carbon Border Adjustment Mechanism startet vollständig 2026:
• Betroffene Sektoren: Stahl, Aluminium, Zement, Dünger, Wasserstoff, Strom
• Preis: Gekoppelt an EU-ETS 1 (~70 Euro/t)
• Ziel: Verhinderung von Carbon Leakage

Systemische Probleme mit der CO₂-Bepreisung in Europa
• Preise zu niedrig für eine wirksame Steuerung – Studien zeigen, dass eine echte Steuerungswirkung erst bei Preisen über 180–215 € pro Tonne eintritt.
• Regressive Auswirkungen ohne Ausgleich; Haushalte mit niedrigem Einkommen zahlen proportional mehr.

– Ärmste Haushalte: 0,9% des Einkommens für CO₂-Preis
– Reichste Haushalte: nur 0,3% des Einkommens

• Privilegien für die Industrie – 45 % der EU-ETS-1-Zertifikate werden der Industrie im Jahr 2023 kostenlos zur Verfügung gestellt.

co2 Bepreisung

Reformvorschläge für eine faire CO₂-Bepreisung

1. Europäisches Klimageld
Vollständige Pro-Kopf-Rückerstattung der ETS-Einnahmen:
• Auszahlung über Steuer-ID oder nationale Systeme
• Differenzierung nach Haushaltsgröße
• Transparenz durch Bürger-Dashboard

2. Mindestpreis mit Preiskorridor
• ETS-Mindestpreis: 75 Euro/t
• Preisobergrenze: 160 Euro/t
• Marktstabilisierungsreserve für ETS 2 ab 2026

3. Abschaffung klimaschädlicher Subventionen
Vollständige Streichung der Subventionen:
• Dieselprivileg
• Dienstwagenprivileg
• Kerosinsteuer-Befreiung
• Agrardiesel-Erstattung

4. Zweckbindung der Einnahmen
50% Rückerstattung an Bürger, 50% Investitionen in:
• ÖPNV-Ausbau
• Wärmenetze
• Ladeinfrastruktur
• Energieeffizienz

5. Monitoring und Transparenz
• Jährlicher EU-Klimafinanzierungsbericht
• Nachverfolgung jeder ETS-Einnahme
• Öffentliche Datenbank für Klimafinanzierung

Fazit: Europas verpasste Chance

Die CO₂-Bepreisung bleibt das mächtigste Instrument der europäischen Klimapolitik, doch ihre Umsetzung ist ein klimapolitisches Desaster. Deutschland sammelt Milliarden ein, ohne sie an die Bürger zurückzugeben. Spanien verharrt im regionalen Flickwerk ohne nationale Strategie. Österreich schafft sein erfolgreiches System aus Budgetnot ab.

Die Schweiz zeigt als Nicht-EU-Land, wie es richtig geht.
Mit dem ETS 2 und dem Sozialen Klimafonds steht Europa vor der historischen Chance, 300 Milliarden Euro für einen gerechten Klimaschutz zu mobilisieren. Doch ohne grundlegende Reformen – universelles Klimageld, Mindestpreise, Subventionsabbau – wird auch dieses System zu einem teuren Fehlschlag.

Die Zeit für kosmetische Korrekturen ist vorbei. Europa braucht eine Revolution der CO₂-Bepreisung: transparent, sozial gerecht und ökologisch wirksam. Sonst bleibt sie das, was sie heute ist – ein moderner Ablasshandel, der die Klimaziele verfehlt und das Vertrauen der Bürger verspielt.

Francesco Del Orbe ist Experte für nachhaltige Finanzpolitik und Klimaökonomie. Als “Hüter der Erde” analysiert er die Wechselwirkungen zwischen Umweltpolitik und sozialer Gerechtigkeit.

 

Autor: Francesco del Orbe 🌍 Hüter der Erde

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